Egal in welcher Branche man sich als Unternehmen wiederfindet, eines ist klar: der Markt ist hart umkämpft und die Kundinnen und Kunden sind zurecht wählerisch. Schließlich liegt das Konkurrenzangebot nur einen Klick entfernt. Die buntesten, schrillsten, ungewöhnlichsten Werbungen prallen täglich auf uns ein. Nicht zuletzt deshalb dehnt sich die Werbeblindheit in unserer Gesellschaft immer weiter aus. Während wir als potenzielle KäuferInnen hier also meist Scheuklappen aufsetzen, um von Werbung nicht genervt zu werden, beißen wir uns als Unternehmer auf der anderen Seite zusehends die Zähne aus. Wie können wir in einem dermaßen dichten Markt – digital und analog – heute noch nachhaltiges Wachstum generieren? Ganz konkret: Aufmerksamkeit generieren, Kunden gewinnen und zufriedene Kunden halten? Um dieses Wirrwarr sinnvoll zu durchbrechen, brauchen wir als Unternehmen eine Marketing Strategie, die anders wirkt und weiter denkt, als es bisher der Fall war. Growth Marketing könnte genau dieses Strategie sein, weswegen wir uns diesen Ansatz etwas genauer ansehen möchten.
Was ist Growth Marketing?
Growth Marketing ist Marketing der nächsten Generation, denn es beschränkt sich keinesfalls nur noch auf den Bereich des Marketings selbst. Growth Marketing bezieht das gesamte Unternehmen, von der Produktentwicklung, über den Support bis hin zur Unternehmenskommunikation mit ein. Beim Growth Marketing wirkt das Unternehmen selbst, mit seiner Unternehmensphilosophie genauso wie mit seiner Banner-Werbung, als Wachstumstreiber. Growth Marketing wirkt durch jede Faser des Unternehmens und hat nur ein Ziel: den Nutzerinnen an jedem Touchpoint das beste Erlebnis und Ergebnis zu liefern, um sie so zu zufriedenen Kunden, Fans und letztlich Brand Ambassadors zu machen. So der große Gedanke hinter dem umfassenden Marketing-Konzept. Heruntergebrochen auf den Arbeitsalltag eines Growth Marketers bedeutet das: Growth Marketer nutzen Wachstums-Hacks und Techniken, mit denen sie regelmäßig auf unterschiedlichen Kanälen, entlang des gesamten Sales Funnels mit Nutzern interagieren. Der experimentelle Zugang ist dabei entscheidend, denn Angst vor Fehlern sollte man hier nicht haben. Es geht darum, Maßnahmen schnell auszuprobieren, schnell zu validen Zahlen zu kommen und dann daraus schnell die richtigen Folgerungen zu ziehen. Der Begriff “Growth Marketing” selbst geht ursprünglich auf Sean Ellis, einem ehemaligen Marketer bei Dropbox, zurück. Dieser bezeichnete damals mit “Growth Hacking” die Weiterentwicklung des tradierten Marketings über Abteilungsgrenzen hinweg, mit dem Ziel das schnellstmögliche Nutzerwachstum zu erreichen. Von da an nahm der Begriff des Growth Hackings seinen Siegeszug an und darf heute in keiner Marketingstrategie fehlen.
Growth Marketing im Einsatz
Traditionelles Marketing zieht immer wieder dieselben Maßnahmen aus dem Hut um potenzielle KundInnen zu erreichen: Abverkäufe, Aktionen, Newsletter, Werbekampagnen mit den immer selben Keywords, Werbeeinschaltungen online und digital… die Ergebnisse, die hier erreicht werden, liegen meist unter den Erwartungshaltungen. Als “Erklärung” wird das oben beschriebene Nutzer-Markt-Verhalten herangezogen. In der Strategie oder dem Zugang ändert sich jedoch nichts. Klassische Marketingmaßnahmen neigen also dazu aufgesetzt und vergessen zu werden. Ganz anders sieht es beim Growth Marketing aus, hier werden die laufend eintrudelnden Daten und Zahlen sofort wieder in die Optimierung der gesetzten Maßnahmen geleitet. Und die Tools? Diese sind uns meist schon gut bekannt: A/B Testungen, Content Marketing, Mail-Kampagnen, SEO usw. Jedoch werden die Maßnahmen meist in einer neuen Weise zusammengesetzt und datengetrieben interpretiert. Growth Marketing ist also stark zahlenverliebt. Gleichzeitig ist es aber auch ein stochastischer Prozess – man weiß bei vielen innovativen, kreativen, skurrilen Maßnahmen vorab einfach nicht, ob sie die erhofften Ergebnisse liefern werden oder eben nicht. Der Zufall ist daher im Growth Marketing ein ständigen Begleiter, der durch die Liebe zu den Zahlen und Daten durchaus in Schach gehalten wird.
Was macht einen guten Growth Marketer aus?
Growth Marketing macht Spaß, wenn man die richtige Person dafür einsetzt. Eine für das Growth Hacking geborene Person
- liebt Zahlen, Daten, Fakten. Sie sind der treue Weggefährte und werden nicht als Last, sondern als konstant eintreffendes Feedback wahrgenommen, das die eigene Arbeit in die gewünschte Richtung lenkt.
- ist kreativ und verspielt. Ganz im Sinne von Pippi Langstrumpf denken Growth Marketer die Welt einfach anders: “Das habe ich noch nie gemacht, also bin ich sicher, dass ich es gut kann!” ist ein zentraler Leitgedanke dieser Persönlichkeiten.
- hat einen ausgeprägten Produktfokus. Er oder sie ist absolut überzeugt von den Vorteilen des Produktes und verkauft nicht mit Tricks oder Features. Growth Hacker begeistern!
- ist ein Schweizer Taschenmesser im Bereich Know-how und Skills. Nur wer die gesamte Bandbreite an allen möglichen und notwendigen Maßnahmen versteht und im besten Fall auch gleich selbst anwenden kann, setzt diese auch zielgerichtet ein.
- hat keine Angst Fehler zu machen. Nur wer Dinge ausprobiert, kann wissen, ob und wie sie funktionieren. Zahlen und Daten helfen dabei gesetzte Schritte rasch zu korrigieren.
- erzählt die besten Geschichten! Allen Daten zum Trotz, die Geschichte, die erzählt wird, muss ebenfalls passen. Hier steht das Verständnis der Unternehmensphilosophie und ihr Transport zum Kunden im Mittelpunkt.
- behält immer den Überblick.
- nimmt Stress und Rückschläge gelassen entgegen, schließlich ist es ein Teil des Spiels.
Wichtige Elemente einer Growth Marketing Strategie
Growth Marketing lässt sich sehr gut in das bestehende Marketing integrieren, hat aber auf gewisse Punkte im strategischen Ansatz einen besonderen Fokus.
A/B TESTS
Das Austesten unterschiedlicher Varianten im Echtzeitbetrieb – und ja, es dürfen mehr als zwei Varianten sein! – gehört zu den zentralen Steuerungselementen im Growth Marketing. Diese Tests werden in unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt: ob bei den Social Media Werbeeinschaltungen, Newslettern, Landing Pages oder Call to Actions… hier wird wenig dem Zufall überlassen, sondern vieles gegeneinander ausgetestet. Die Siegervariante bekommt den Zuschlag – aber auch nur bis zur nächsten Runde!
MULTI- UND CROSS-CHANNEL-MARKETING
Unsere potenziellen KundInnen sind auf verschiedenen Kanälen unterwegs, manche auf vielen, manche nur auf einigen. Eine gelungene Marketingstrategie trägt diesem Umstand Rechnung – Growth Marketing ebenfalls. Daher ist es für Growth Marketer besonders wichtig in vielschichtigen Kanälen zu denken. Dafür braucht es ein tiefes Zielgruppenverständnis über Vorlieben und Kommunikationsgewohnheiten, die unsere Kunden auszeichnen. Die Menschen dort abzuholen, wo sie stehen, mit jenen Mitteln, die sie ansprechen, das ist der Kern einer wachstumsgetriebenen Multi-Channel-Strategie.
KUNDENREISE
Apropos Zielgruppenverständnis: Die Kundenreise, der Customer Lifecycle, ist der wichtigste Kompass für gelungenes Growth Marketing. Wer nicht versteht, woher potenzielle Kunden kommen, wie sie aufmerksam werden, Entscheidungen treffen und die gekauften Produkte nutzen, der wird es im Marketing allgemein, aber ganz besonders im Growth Marketing schwer haben. Gerade entlang dieser Kundenreise lassen sich typisch Growth-Marketing-Erfolgsgeschichten erzählen.
Growth Marketing Erfolgsrezepte
Wo lassen sich Growth Marketing Ansätze besonders effektiv einsetzen? Diese Frage brannte uns bestimmt schon zu Beginn des Artikels unter den Nägeln und wird jetzt in Angriff genommen.
NEUKUNDENGEWINNUNG
Neukundengewinnung ist ein hartes Pflaster. Wer hier zu stark auf Verkauf pusht, hat oft schon gleich zu Beginn den Kunden verloren. Growth Marketer versuchen hier eine langfristige Strategie aufzubauen, die auf Vertrauen aufbaut und dem potenziellen Kunden immer die Möglichkeit bietet selbst zu entscheiden. So ist Content Marketing eine der zentralen Maßnehmen, wenn es darum geht im Growth Marketing Neukunden zu gewinnen: Stop selling, start being useful!
Angefangen bei einer genau ausgearbeiteten Persona, geht es zu Beginn immer darauf noch besser zu verstehen, wo die Triggerpunkte und Interessen potenzieller KäuferInnen liegen. Es geht aber auch darum, das Unternehmen in seiner gesamten Bandbreite, mit der Unternehmensphilosophie und dem Purpose zu vermitteln. Wie Simon Sinek richtig sagt: “People don’t buy what you do. They buy why you do it!” Es liegt an Marketern und Kommunikationsprofis diese Botschaft zu überbringen.
ONBOARDING
Einmal gekauft, haben wir mit einem Neukunden die ideale Möglichkeit das Engagement mit unserer Marke zu steigern und auf diesem Wege noch mehr Informationen und Daten zu sammeln. Das Ziel des Growth Marketings an dieser Stelle ist es, die Kundenreise bestmöglich und für den neuen Nutzer unterstützend zu gestalten – und das über mehrere Kanäle hinweg. Growth Marketer wollen nicht nur glückliche KäuferInnen, sie wollen verstehen, was Kunden begeistert und was sie zum absoluten Glück brauchen, um so in weiterer Folge noch mehr (zukünftige) Kunden begeistern zu können.
WEITEREMPFEHLUNGEN
Wer ist glaubwürdiger, als ein absolut begeisterter Nutzer? Niemand. Genau deshalb eignen sich Weiterempfehlungs-Kampagnen ausgesprochen gut für das Growth Hacking. Der Social Proof, der aus Weiterempfehlungen entspringt, ist riesig, schließlich schätzen wir alle die Empfehlungen von Freunden, Kollegen und Familienmitgliedern. Die zentrale Frage an dieser Stelle: Was bietet man dem Empfehler und was dem neuen Nutzer? Hier öffnet sich eine bunte Spielwiese für begeisterte Growth Hacker. Nicht nur das Goodie auch der Weg dorthin bieten eine farbenfrohe Palette an Möglichkeiten und vielen potenziellen Messpunkten.
TREUE UND KUNDENBINDUNG
Wir alle wissen es: Es ist besser bestehende Kunden zu halten, statt laufend neue zu generieren. Dennoch genießt dieses letzte Stadium der Kundenreise meist die geringste Aufmerksamkeit – nicht so beim Growth Hacking! Warum? Bestehende Kunden kaufen leichter, als es unbekannte Personen tun. Voraussetzung für dieses Verhalten ist eine ausgeprägte Zufriedenheit mit dem bestehendem Produkt. Das Ziel an diesem Punkt muss es also sein unseren KundInnen zu zeigen, dass sie uns ganz besonders wichtig und “Teil der Familie” sind. Daher bekommen sie immer das VIP-Treatment. Kundenbindungskampagnen sind eine großartige Möglichkeit unseren bestehenden Kunden dieses Zusammengehörigkeitsgefühl zu vermitteln. Wichtig dabei ist zu wissen, was unsere Kunden an unseren Produkten lieben und was für das perfekte Glück noch fehlt. Wieder sind es Zahlen, Daten und Fakten, die wir brauchen, um hier sinnvolle und effektive Maßnahmen ableiten zu können.
Heutzutage ist Growth Marketing sicherlich etwas, das wir alle beherzigen sollten. Das Schöne: alles, was wir dafür brauchen, liegt uns bereits vor. Unser Fokus als Marketer sollte auf dem kontinuierlichen Testen und Optimieren unserer gesetzten Maßnahmen liegen, um das Engagement zu steigern und die Erfahrungen unserer KundInnen zu verbessern. Wir müssen weg vom Gießkannenprinzip, hin zu hochpersonalisierten Zugängen. Und während wir dabei kreativ aus dem Vollen schöpfen, sammeln wir laufend Erfahrungswerte in Form von Zahlen, die wir iterativ in unsere nächsten Maßnahmen einfließen lassen. Was nach viel, vernetzter und vielschichtiger Arbeit klingt, lässt sich auch als Spielwiese für kreative, mutige und zahlenverliebte Marketer sehen. Uns gefällt diese Sichtweise jedenfalls ausgesprochen gut.
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