Eine der größten Herausforderungen für Kommunikationsverantwortliche stellt die Messbarkeit und somit Auswertbarkeit vergangener und geplanter Kommunikationsmaßnahmen dar. Das trifft auf Content Marketing, Online-PR und Social-Media-Marketing gleichermaßen zu. Digitale Kommunikation tut sich schwer mit der Messung ihres Erfolgs und der Definition ihrer KPIs. Ungenau, nichtssagend oder im Vorhinein gar nicht eingeplant, treffen sich hier Unwissenheit, Unsicherheit und pure Ignoranz. Dass das so nicht sein muss und eigentlich auch nicht sein darf, darüber möchte ich heute einige Zeilen verlieren.

Von Datenangst bis Unwissenheit – das Problem der Erfolgsmessung

Ich bin mir nicht sicher, ob es Angst ist oder Respekt, der viele MarketerInnen davon abhält so richtig tief in die Materie einzusteigen. Sind es die Excel-Dateien? Ist es die Furcht, doch keinen Erfolg nachweisen zu können? Oder ist es einfach Unwissenheit? Wissen MarketerInnen, was und wie sie messen sollten, um aussagekräftige Analysen ihrer Maßnahmen vorzeigen zu können?

Letzten Endes ist es auch egal, was diese Hemmungen auslöst. Wichtig ist, dass sie erstens unbegründet sind und zweitens ein echtes Problem darstellen. Wer seine Relevanz für den Unternehmenserfolg nicht belegen kann, wird über kurz oder lang weggekürzt! Eine unangenehme Vorstellung.

Eine andere Facette dieses Problems ist, dass man im Social Web wirklich viel messen kann, aber bei weitem nicht allem eine Bedeutung zukommt. Überforderung? Wahrscheinlich auch. Aber selbst das ist kein Grund, die Augen vor dem Thema zu verschließen. Irgendwann kommt eben doch der Jour-fixe, bei dem der/die Vorgesetzte/r Fakten sehen will.

Am Anfang war das Konzept

Um sicherzustellen, dass digitale Kommunikationsmaßnahmen den gewünschten Impact haben, muss dieser Impact auch irgendwo festgehalten werden – idealerweise im Strategieteil eines übergordneten Plans. Die Frage nach den KPIs beginnt nämlich bereits bei der Definition der Unternehmensziele, die sich in dem (hoffentlich bestehenden) Kommunikationskonzept wiederfinden.

Leider gibt es keinen One-Size-Fits-All-Ansatz für die Definition von KPIs. Diese müssen jeweils individuell angepasst und von den Kommunikationszielen abgeleitet werden. Auch Faktoren wie Unternehmensbereich, Budget, Zielgruppe, bisherige Erfahrungen und zur Verfügung stehende Ressourcen spielen hier eine wichtige Rolle.

Kennzahlen, die nichts aussagen

Wie bereits erwähnt, können wir im Social Web sehr viel messen. Einige Metriken haben sich zum Standard-Repertoire in Bereich der digitalen Kommunikation entwickelt – leider absolut zu Unrecht. Da sie so gut wie gar nichts über den Wert, die Qualität und Reichweite von den zu verfolgenden Maßnahmen aussagen. Welche Kennzahlen sollten wir daher nicht ins neue Jahr mitnehmen?

  • Facebook Fanzahlen, Twitter Follower Vor langer, langer Zeit (in digitalen Zeitspannen gerechnet) war die Zahl von Fans und Followern tatsächlich ein Wert, mit dem man Vorgesetzte überzeugen und sich selbst beweihräuchern konnte. Diese Zeiten sind nun definitiv vorbei. Käufliche Fans (ja, das wird in der Tat noch angeboten!), fallende organische Reichweite und massive Newsfeed-Dichte sind nur einige wenige Punkte, die diese Messwerte als Kennzahlen nicht mehr relevant machen. Wer als MarketerIn diese Tatsache noch nicht verstanden hat, sollte dringend etwas unternehmen.
  • Seitenaufrufe Oh ja, das meine ich ernst. 🙂 Es ist zwar schön immer größer werdende Zugriffszahleln auf seinem Analytics-Dashboard zu verfolgen, aber Page Views alleine sagen überhaupt nichts aus – zumindest nichts, was für Kommunikationsverantwortliche und MarketerInnen interessant sein könnte.
    Nur weil jemand eine bestimmte Seite aufgerufen hat, muss er oder sie noch lange kein Interesse daran haben, was das Unternehmen tut bzw. verkauft. Wer ist diese Person, woher kommt sie, was bewegte sie zum Klick und hat sie gefunden, wonach sie suchte? Diese Fragen bleiben unbeantwortet.
  • Absprungrate Absprungraten von 80% lassen viele MarketerInnen verzweifeln. Die Frage ist nur, warum? Die allgemeine Grundannahme lautet, dass ein/e UserIn dann abspringt, wenn der Content auf der Webseite nicht den Erwartungen des/r LeserIn entspricht. Die Wahrheit ist aber, dass diese Aussage pauschal nicht stimmt. Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass es unterschiedliche Gründe gibt, eine Webseite zu verlassen. Natürlich könnte es am “falschen” Content liegen, vielleicht habe ich aber auch die Antwort auf meine Frage gefunden und verlassen den Onlineauftritt als zufriedene Besucherin. Vielleicht habe ich aber auch nur den aktuellen Blogbeitrag gelesen und schließe die Seite, um mich weiteren abonnierten Newslettern zu widmen? Sind meine Seitenaufrufe deshalb negativ auszulegen? Sicherlich nicht.
  • Verweildauer Die Verweildauer auf einem Webauftritt ist ebensowenig eine aussagekräftige Kennzahl, wie die bisher genannten. Vielleicht schaut dieser jemand gleichzeitig seine liebste Serie oder hat mehrere Seiten gleichzeitig offen, um etwas zu recherchieren. Time-On-Site kann, muss aber kein Wert für guten Online Content sein.

Erweiterung des KPI-Horizontes

Abgesehen von den “üblichen Verdächtigen”, gibt es eine Handvoll interessanter KPIs, die noch relativ selten gemessen und bewertet werden, obwohl sie meiner Meinung nach einen guten Einblick in den Erfolg von Kommunikationsmaßnahmen geben. Hier stelle ich fünf meiner Favoriten vor:

  • Langlebigkeit von Content Wie lange ist der (teuer) erstellte Content für die Zielgruppe tatsächlich relevant? Ist er ein Evergreen, der über Monate hinweg stetig BesucherInnen anzieht oder ist er eher eine Neujahrsrakete, die kurz und wunderschön aufleuchtet und dann für immer verpufft? Ein Kommunikationsziel, das diesen Wert als relevant ansehen könnte, ist z.B. die Positionierung als Thought Leader in der Branche. Ist das Unternehmen als Meinungsführer beständig? Zählen die erstellten Inhalte zu den Online-Basics?
  • Backlinks von Meinungsführern Backlinks, ja ich weiß, wurden schon mehrmals totgesagt. Nun, ich sehe das ein wenig anders. Verlinkungen können in der Tat sehr wertvoll sein, wenn sie von den “richtigen” Seiten vorgenommen werden. Nicht die Summe der Backlinks ist demnach relevant, sondern, ob die passenden/relevanten Personen, also aktuelle Thought Leader, auf den eigenen Content verwiesen haben. Ein Kommunikationsziel, das hiermit bestätigt werden könnte, ist der Wunsch sich einen angesehenen Platz in der Online-Gemeinschaft zu erarbeiten.
  • Anzahl der wiederkehrenden LeserInnen Hohe Seitenzugriffe sind sicherlich nicht schlecht, aber wie viele von den BesucherInnen sind regelmäßig auf dem Webauftritt wiederzufinden? Gibt es eine Stammleserschaft? Warum das wichtig ist? Wenn man z.B. als Ziel definiert hat, mittels Content Marketing eine stabile Beziehung zu seiner Leserschaft aufzubauen, dann ist dieser Wert durchaus relevant.
  • Userbeteiligung Der Begriff liest sich eventuell etwas seltsam, aber darunter fallen einige bekannte Messwerte, die zu einer komplexen Matrix zusammengesetzt werden können. Angefangen bei Shares und Kommentaren (als einfachste Art der Beteiligung), über Rezesionen bis hin zu User Generated Content, lässt sich ein Relevanz-Raster definieren, das über längeren Zeitraum betrachtet, interessante Entwicklungen aufzeigen kann. Ein passendes Unternehmensziel wäre z.B. eine stärkere Einbindung der Kunden und Fans mittels Social Media.
  • Zeitersparniss im Pre-Sales Eigenartiger KPI? Ich würde eher sagen, dass er sehr spezifisch ist, aber definitiv einer von jenen, den man gerne außer Acht lässt, wenn man Content Marketing Maßnahmen bewertet. Doch gerade bei sehr erklärungsintensiven Produkten und Dienstleistungen leistet Content Marketing einen echten Vorteil. Anstatt teure Arbeitsstunden in persönliche Verkaufsgespräche zu investieren, lässt sich heute ein großer Teil des Informationsbedarfs ins Internet verlagern. Der „Zero Moment of Truth“ kann Unternehmen eine massive Zeitersparnis bescheren – genau das sollte man messen. Welches Kommunikationsziel damit belegbar wäre? Beispielsweise der konkrete Wunsch, weniger personelle Ressourcen in den Pre-Sales zu stecken und dafür mehr Zeit für die Kundenpflege zu gewinnen.

Fazit: Messen, was gemessen gehört

Im Web kan man in der Tat sehr viel messen und das ist oft recht praktisch. Dennoch macht es keinen Sinn mit unendlich vielen Messwerten und Kennzahlen um sich zu werfen. Viel effektiver ist es, sich konkrete KPIs für die individuell ausformulierten Kommunikationsziele zu überlegen, diese konstant zu beobachten und hochwertig und visuell aufzubereiten.

In diesem Sinne, Happy Measuring 2016!