Social Media sind aus unser aller Leben kaum noch wegzudenken. Die gegenseitige Verquickung von Analogem und Digitalem ist enorm und daher wundert es auch nicht, dass viele Unternehmen auf soziale Online-Kommunikationskanäle setzen. Gleichzeitig werden jedoch auch jene Stimmen laut, die meinen, dass Social -Media kein geeigneter Marketingkanal sei und dass man hier nur dann erfolgreich seine Reichweite behalten könne, wenn man enorme Summen für entgeltliche Werbeeinschaltungen ausgibt.

Was bei derartigen Bemerkungen jedoch oft unter den Tisch fällt, ist die Tatsache, dass Social Media alleine noch keinen “digitalen Frühling” macht. Social Media und Social -Media -Marketing sind Tools, die einer übergeordneten Idee dienen: der digitalen Kommunikation.

Das Internet als revolutionäres Kommunikationsmedium

Das Internet ist kein klassisches Werbe- sondern ein Kommunikationsmedium. Als solches muss es erst verstanden und darauf aufbauend ein fundiertes Konzept aufgebaut werden. Als Teil einer breit aufgestellten Strategie, kann Social Media daher auch nur einen Teilaspekt darstellen. Soziale Netzwerke sind nicht der Kern digitaler Kommunikation, sondern eine Auswahl an Kanälen, über die Botschaften verbreitet werden und Dialoge entstehen.

Ich bezeichne das Social Web gerne als kommunikative Revolution und leite damit auch gerne bewusst energische Diskussionen ein. Dennoch bin ich von diesem Standpunkt durchaus überzeugt. Die Entstehung des Internets ist in meinen Augen eine bedeutende Entwicklungen in der menschlichen Kommunikation. Es werden neue Standards festgelegt, die die Art unserer Kommunikation tiefgreifend verändern.

Kommunikatorische Charakteristika des Social Web

Das Social Web hat signifikante Charakteristika, die zwar nicht immer und überall zutreffen, aber in ihren Grundzügen vom Medium selbst ermöglicht werden. (Restriktionen und Abwandlungen basieren meist auf gesellschaftspolitischer Einflussnahme.)

  • Das Internet ist frei verfügbar.
  • Wir legen selbst fest, wann, wo und wie wir kommunizieren und uns informieren.
  • Wissen ist frei verfügbar.
  • Wir haben uns vom reinen Konsumenten zu Produzenten von Information entwickelt.
  • Das Internet hat die Macht Gemeinschaften zu erschaffen.
  • Es erschafft neue Wahrheiten, neue Hierarchien, eine neue Gesellschaft.

Diese Charakteristika sind schnell heruntergelesen und noch schneller – vergessen. Wenn wir uns als MarketerInnen jedoch diese Punkte genauer ansehen, dann stellen wir fest, dass analoge Marketingansätze diese Leitlinien meist im vollen Umfang verfehlen.

Digitale Kommunikation ist frei verfügbar

Das erste Charakteristikum des Internets ist seine freie Verfügbarkeit. Ich weiß, dass gerade dieser Punkt oft kritisch hinterfragt wird – und das soll er auch! Ursprünglich war das Netz, technische Voraussetzungen und ein gewisses Grundverständnis vorausgesetzt, nämlich tatsächlich für alle offen. Durch seine zunehmende gesellschaftspolitische Relevanz wurde das Social Web jedoch von einigen Mächten auch als potenzielle Gefahr gesehen und hinter gewisse Schranken verwiesen. Das prominenteste Beispiel ist sicherlich China, aber auch in der Türkei wurden immer wieder Restrikitionen bekannt.

Eine andere Gefahr, die sich der Offenheit des Internets in den Weg stellt, ist die Einschränkung bzw. Abschaffung der Netzneutralität. Diese fast schon unscheinbare Entwicklung innerhalb der Europäischen Union (und darüber hinaus) bringt eine große Zahl an problematischen Folgeerscheinungen mit sich.

Egal, was profitorintierte Netzbetreiber uns und den europäischen Mandataren einreden wollen, wir sollten auch als MarketerInnen für die Freiheit des Netzes eintreten und dafür kämpfen. Das ist sicherlich kein einfacher Weg, aber es lohnt sich die Werte des freien Internets zu verteidigen, bevor sie (wahrscheinlich) unwiderruflich verändert werden.

Freie Wahl der digitalen Kommunikation

Während die Freiheit des Internets für einige eher abstrakt und irrelevant erscheinen mag, ist die freie Wahl der digitalen Kommunikation ein zentrales Charakteristikum des Social Web. Dieser Punkt ist ein Grund dafür, warum sich manche Werbetreibende im Internet die Zähne ausbeißen.

Online User legen selbst fest, wann, was und wie sie Informationen konsumieren. Sie springen sehr schnell von einer Quelle zur nächsten, sind sehr wählerisch (schließlich ist die nächste Seite nur einen Klick entfernt!) und darüber hinaus stark vernetzt. Für Marketingverantwortliche heißt das, dass sie ihre Zielgruppe erstens nur schwer erreichen können (aufgrund der Content-Dicht im Netz) und dass diese Zielgruppe zweitens nur wirklich passenden Inhalten ihre Aufmerksamkeit schenkt. Zumeist gibt es nur einen Bruchteil einer Sekunde für den positiven ersten Eindruck, der oft über den Erfolg oder Misserfolg ganzer Kampagnen entscheidet.

Daraus resultiert ganz klar ein Entwicklungsdrang innerhalb der digitalen Marketingbranche Zielgruppen genau zu kennen und zu verstehen. Wer die Bedürfnisse, Wünsche und Interessen seiner potenziellen Kunden nicht zu 100% trifft, ist schneller aus dem Spiel, als gedacht.

Wissen ist frei verfügbar

Wissen ist im Social Web frei verfügbar und genau das ist ein Grund, warum Content Marketing als Ansatz so gut funktioniert. Wissen aus Angst zurückzuhalten, ist ein weit verbreitetes Missverständnis innerhalb professioneller, digitaler Kommunikation, das man – wenn man erfolgreich sein will – schnell ablegen sollte.

Wie man als Marketer mit Inbound Marketing und Content Marketing erfolgreich sein kann, habe ich bereits in meinen vorherigen Beiträgen hier beschrieben.

Digitale Kommunikation als Prosument

Einer der bedeutendsten Unterschiede des Social Web zu klassischen Medien, ist die Tatsache, dass wir online nicht nur Konsumenten, sondern auch Produzenten von Inhalten sind. Der “Beworbene” ist schon lange nicht mehr passiv, sondern wird aktiv in Form von Rezensionen, Blogs und sozialen Netzwerken.

Diese Entwicklung birgt ein enormes Potenzial für Werber und Kommunikationsverantwortliche. Angefangen von Social-Media-Marketing, über Empfehlungsmarketing bis hin zu Blogger Relations, befinden wir uns hier definitiv noch in den Kinderschuhen. Das sieht man besonders an den noch bestehenden Schwierigkeiten, die Eigenheiten des Social Web zu begreifen und darauf basierende Kommunikationsmaßnahmen umzusetzen.

Hier braucht es Mut und auch Experimentierfreudigkeit und ich sehe gerade professionelle Kommunikatoren in der Pflicht, dieses Verständnis bei Unternehmen und Brands zu etablieren.

Kommunikation schafft Gemeinschaft

Wie auch im analogen Raum, schafft Sprache und Kommunikation auch im Social Web Gemeinschaft. Es gibt dennoch einen entscheidenden Unterschied: Während wir im “echten Leben” lokal und ortsgebunden sind, können wir uns online anhand unserer Interessen ortunabhängig zu Gemeinschaften zusammenfinden.

Das Thema ist der Kern der Gemeinschaft und nicht mehr der Ort. Aus diesem Grund nimmt Sprache und Kommunikation einen noch bedeutenderen Stellenwert ein. Wie Sprache und Kommunikation im Social Web genau funktioniert, habe ich z.B. in diesem Beitrag bereits thematisiert.

Die neue Realität

Das Social Web erschafft neue Wahrheiten, neue Hierarchien – eine neue Gesellschaft. Das klingt übertrieben? Ich denke nicht, wenn wir uns ansehen, wie sehr sich das Internet bereits in unserem alltäglichen Leben etabliert hat und wie sehr Entwicklungen aus der digitalen Welt auf Gesellschaft und Politik einwirken (können).

Für mich ist klar, dass analog und digital in Zukunft noch viel näher zusammenrücken werden und dass dabei der Open-Source-Gedanke der Gemeinschaft eine zentrale Rolle spielen wird. Die Charaktersitika unserer Jugend ähneln zunehmend jenen des Social Web und das ist sicherlich kein Zufall. Im Grunde ist es nur eine Frage der Zeit, wann die digitale Social-Web-Generation zu den Positionen der EntscheidungsträgerInnen und PolitikerInnen aufsteigen wird.

Die Zukunft heißt digitale Kommunikation

Aus all dem bisher Gesagten schließe ich ganz klar, dass unsere Zukunft die digitale Kommunikation sein wird – egal ob Marketing, Politik oder Alltag. Die Veränderungen, die wir derzeit beobachten können, sind ganzheitlicher Natur. Wir sind immer mehr und immer stärker vernetzt. Wer das heute und nicht erst morgen versteht und umzusetzen weiß, hat den entscheidenen Vorsprung geschafft, Social Media hin oder her.