Verfolgt mich diese Werbung? Woher wissen die, was mich interessiert? Was vor wenigen Jahren zu erstaunten Reaktionen und inneren Monologen geführt hat, ist mittlerweile zum Standard geworden. Viel mehr noch: Kundinnen und Kunden erwarten sogar, dass Unternehmen genau wissen, was ihnen wann und wo gefällt. Personalisierte Kundenerlebnisse sind das Maß der Dinge, oder besser gesagt, der Customer Journey geworden.

Von der Kundenreise zum Kundenerlebnis

Die Kundenreise ist die strategische Grundlage personalisierter Kundenerlebnisse. Bei der Erarbeitung einer solchen Customer Journey geht es primär darum, unsere Kundinnen und Kunden entlang ihres Kunden-Lebenszyklus Schritt für Schritt zu verstehen und zu begleiten. Dabei werden zentrale Fragen gestellt, deren Beantwortung in dieses strategische Papier fließen:

  • Welche Phasen durchläuft ein Besucher, bis er zu einem glücklichen Kunden wird?
  • Welche Touchpoints gibt es auf diesem Weg zwischen Kunden und Unternehmen?
  • Welche Bedürfnisse, Fragen, Pain Points und Motivationstreiber bewegen unseren Kunden?
  • Wie und wo können wir als Unternehmen diesen Bedürfnissen entgegenkommen?
  • Wie schaffen wir es, dass der Kunde in einem abgestimmten Prozess von einer Phase zur nächsten kommt?

All das – und noch einiges mehr – wird für eine semi-fiktive Buyer Persona in eine semi-fiktive Kundenreise gegossen. Da dieses strategische Grundkonzept aber nur “semi” ist und sich reale Kundinnen und Kunden nicht mit halben Sachen zufrieden geben, kann die Erarbeitung einer Buyer Persona und Customer Journey nur der erste Schritt zu einem erfüllenden Kundenerlebnis im “Age of the Customer” sein.

Dieser Weg vom Idealkunden hin zu unseren echten Kundinnen und Kunden kann nur über Personalisierung führen, deren Grundlage wiederum echte Kundendaten darstellen. Aber, gehen wir der Reihe nach vor.

Was ist Personalisierung?

Personalisierung entlang der Kundenreise bedeutet heute das Bereitstellen individueller Erlebnisse und Inhalte, die auf die Bedürfnisse, Wünsche und Gewohnheiten unserer (potenziellen) Kunden zugeschnitten sind. Die Personalisierung der Customer Journey ist demnach die Weiterentwicklung der Werbung hin zu einem digitalen Dialog und Austausch mit dem Kunden. Dabei spielen Daten eine zentrale Rolle, denn das Sammeln, Strukturieren, Analysieren und Nutzen von Informationen über Demographie, Interessen und Verhaltensweisen hilft uns, Kampagnen, Content und Erlebnisse so zu gestalten, dass sie auch wirklich bei unseren Zielgruppen ankommen.

Warum ist Personalisierung entlang der Customer Journey wichtig?

Wie wichtig Personalisierung ist, versteht man spätestens dann, wenn man in seinem Lieblingslokal bereits mit seinem etablierten Getränkewunsch begrüßt wird. Es geht darum, gesehen und verstanden zu werden – das ist in einer digitalisierten Welt nicht anders. Wer gerne und viel online unterwegs ist, weiß es zu schätzen, wenn er oder sie angepasste Empfehlungen und Angebote erhält. Das können Schuhe sein, aber auch personalisierter Content sowie ein abgebrochener Kaufprozess, auf den man hingewiesen wird.
Die uns umgebende Online-Welt hat bei Verbraucherinnen und Verbrauchern zu hohen Ansprüchen an das Kundenerlebnis geführt: Stets schnell, relevant und einfach soll es sein. Sprich: Wir sind es gewohnt, zu bekommen, was wir wollen, wann und wo wir es wollen – und Unternehmen, die uns diese personalisierten Erlebnisse ermöglichen, haben einen klaren Wettbewerbsvorteil.
Damit personalisierte Kundenerlebnisse auch funktionieren, müssen Unternehmen und insbesondere die Marketingabteilungen einen 360° Blick auf ihre Kunden gewinnen. Nur so können die benötigten Emotionen geweckt und Relevanz aufgebaut werden.

Was ist ein 360° Kundenblick und wozu ist er gut?

Wie der Name bereits erahnen lässt, handelt es sich bei einem 360° Kundenblick um ein umfassendes Verständnis des Kunden. Das bedeutet, dass man als Unternehmen stets vor Augen hat, welche Touchpoints der Kunde auf welchem Kanal, zu welcher Zeit, zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis genutzt hat. Im besten Fall ist dieses Bild in Echtzeit mit einem Klick abrufbar, so wie wir es in unserem Beitrag zum Golden Record beschrieben haben. Eine 360° Kundensicht ist eine ganzheitliche und aktuelle Sicht auf jede Kundin und jeden Kunden eines Unternehmens. Diese datenbasierte Sichtweise ermöglicht es Unternehmen, jede einzelne Kundenbeziehung zu verstehen und darauf einzugehen. Ein derart daten- und kundenzentriertes Agieren bietet für das Unternehmen viele Vorteile:

  • Kundenbedürfnisse sowie Trends werden frühzeitig erkannt
  • Kundenbindung und Markenloyalität werden gestärkt
  • es lassen sich Prognosen über das Kundenverhalten erstellen
  • es kommt zu einer Kostensenkung sowie höherer Effizienz bei der Kundenakquise und im Marketing
  • bessere Produktentwicklung
  • verbessertes Kundenservice
  • steigende Umsätze durch höhere Konversionsraten sowie mehr Up- und Cross-Selling-Möglichkeiten
  • eine bessere Kundenkommunikation wirkt sich langfristig positiv auf das Markenimage aus

Wie kommt man zu einem 360° Kundenblick?

Die Frage, wie wir zu einem 360° Kundenblick kommen, ist oben bereits ein wenig angeteasert worden: Erst ein Golden Record führt uns zu einem validen Golden Profile. Für das Erstellen eines 360° Kundenprofils sind nicht nur Stammdaten, sondern auch Bewegungsdaten in Echtzeit heranzuziehen. Wir benötigen: – die Stammdaten – beschreibende Daten (demographische Angaben, Bedürfnisse etc.) – kundenbezogene Bewegungsdaten (Bestellungen, Zahlungen, Klickverhalten etc.)

Viele kleine und mittelgroße Unternehmen stellt ein derart abgestimmtes “goldenes Kundenprofil” vor Herausforderungen, denn eine synchronisierte und vereinheitlichte Datenbank über unterschiedliche Touchpoints hinweg ist alles andere als einfach aufzubauen. Auf dem Weg zu diesem Ziel kann Software für Marketingautomatisierung eine sinnvolle und hilfreiche Lösung sein. Hier gibt es diverse Anbieter auf dem Markt, von kostenlosen Open-Source-Lösungen bis hin zu teuren Gesamtpaketen. Welche Automatisierungssoftware für welches Marketing die passende ist, lässt sich pauschal nicht sagen, da diese Bewertung von vielen unterschiedlichen Faktoren abhängt. Am besten beginnt man mit einer internen Analyse von Touchpoints, Kommunikationskanälen und Kundendaten und leiten darauf aufbauend Anforderungen für das jeweilige Unternehmen ab.

Wege und Taktiken das Kundenerlebnis zu personalisieren

Die Steuerungszentrale jeder personalisierten Kundenreise ist mit Sicherheit die interne Marketing-Automatisierungssoftware oder, wenn es diese noch nicht gibt, das eigene Content Management System. Die meisten modernen Systeme bieten heute mindestens eine Art regelbasierter Personalisierung an. Das Fehlen einer solchen integrierten und leicht nutzbaren Möglichkeit zur Personalisierung sollte bei der Plattform-Auswahl zu klaren Ausschlusskriterien gehören.

WAS KÖNNEN REGELBASIERTE PERSONALISIERUNGEN SEIN UND AUF WELCHE DATEN BEZIEHEN SICH DIESE?

Die einfachsten Daten, die wir zur Anpassung von Kundenerlebnissen nutzen können, sind klassische Umgebungsdaten.

  • Uhrzeit und Datum: Ein simples “Guten Morgen” in der App oder ein frohes Weihnachtsfest auf der Website sind bereits ein erster Schritt zur Personalisierung von Kundenerlebnissen, aufbauend auf öffentlich verfügbaren Informationen.
  • Ort: Die passende Länder- und Sprachauswahl oder eine Voreinstellung der Versandoptionen für eine bestimmte IP-Adresse ist ebenfalls ein personalisiertes Kundenerlebnis.
  • Wetter: Auch das Wetter kann für so manches Unternehmen ein relevanter Faktor für das Kundenerlebnis sein. Man denkt an Tourismusregionen, Transportunternehmen, aber auch im Handel ermöglicht die Integration der Wetterdaten mittlerweile eine genauere Absatzvorhersage.
  • Mobile oder Desktop: Das Ausspielen von Inhalten, abhängig vom empfangenden Gerät, gehört ebenfalls zur Personalisierung.

Neben diesen allgemeinen Standard-Daten können wir – Zustimmung vorausgesetzt – auch Verhaltens- und Nutzungsdaten als Auslöser für eine Personalisierung des Kundenerlebnisses nutzen. Hier ein paar Beispiele:

  • Erster oder erneuter Besuch: Je nachdem, ob Besucher das erste oder ein wiederholtes Mal unsere Website besuchen, lassen sich die gezeigten Inhalte daran anpassen.
  • Retargeting: Das breite und vielfältige Feld des Retargetings lässt sich wundervoll unter dem Aspekt der Personalisierung betrachten. Nutzen Sie das Potenzial!
  • Klickverhalten: Welches Klickverhalten zeigen zum Beispiel unsere Newsletter-Abonnenten? Schon einmal darüber nachgedacht, unterschiedliche Mails je nach Klickverhalten zu versenden?
  • Verweise: Woher kommt der Besucher? Ist es eine Ads-Kampagne, ein Partnerprogramm oder ein Social-Media-Posting? Nehmen Sie doch darauf Bezug.
  • Passende Empfehlungen: Wer kennt es nicht? “Kunden, die dieses Produkt gekauft haben, interessieren sich auch für …”. Was für Technik, Kleidung und Bücher funktioniert, lässt sich auch auf Content umlegen.

Neben diesen manuell gesetzten Regeln der Personalisierung gewinnt ein junger Ansatz immer mehr Aufmerksamkeit: KI-basierte Personalisierung. Je komplexer Projekte werden und je vielfältiger die Zielgruppen, umso schneller kommt das Marketing mit manuellen Regelungen an sein operatives Ende. Hier kann künstliche Intelligenz einen vielversprechenden Beitrag leisten. Einige Automatisierungstools haben KI bereits in ihre Lösungen integriert, es lohnt sich hier also neugierig zu sein.

Hervorragendes Kundenservice als zentrales Kundenerlebnis

Abseits all der Automatisierung und künstlichen Intelligenz, gibt es einen Punkt, den so manches Unternehmen beim perfekten Kundenerlebnis übersieht, aber jeder (potenzielle) Kunde mit Adleraugen verfolgt – Kundenservice auf allen Kanälen.

Der Umgang mit Fragen, Input, Kritik und Reklamationen ist ein zentraler Punkt beim Gestalten personalisierter Kundenerlebnisse. Wie gehen Sie etwa mit Kundenstimmen und Testberichten um? Wie lange dauert es bei Ihnen, bis Beschwerden über das Ticketing-System bearbeitet werden?

Ein 360° Kundenblick, gekoppelt mit Marketingautomatisierung und unterstützt durch künstliche Intelligenz sind wichtige Hebel, aber nicht alles, wenn es um die Personalisierung von Kundenerlebnissen geht. Oftmals wird vergessen, das Feedback der Kunden mit Empathie in die Customer Journey zurückfließen zu lassen. Dieser blinde Fleck hat womöglich weitreichende negative Folgen für das Unternehmen, ist aber im Gegenzug sehr einfach zu beheben.

In unserer digitalen Welt ist der 360° Kundenblick ein wichtiger Richtwert für Unternehmen. Aber wir müssen uns gleichzeitig klarmachen, dass Kundendaten, auch wenn sie gut aufbereitet und synchronisiert sind, nur Daten sind und eben nicht der Kunde selbst. Daher ist und bleibt ein empathisches Verständnis für den Menschen hinter dem Datensatz entscheidend, um eine funktionierende Personalisierung des Kundenerlebnisses umsetzen zu können.