Wenn sich jemand einen guten Vorsatz zu Neujahr fasst, unterstützt man diese Person im besten Fall, bestärkt sie, motiviert sie – oder ignoriert sie zumindest und lässt sie mal machen. Ganz anders lief es, als Mark Zuckerberg heuer seinen Neujahrsvorsatz öffentlich machte: Er möchte Facebook “reparieren”. Das führte zu wenig Bestärkung von Seiten der Werbetreibenden. Bestürzung wäre wohl eher das richtige Wort. Aber so war es schon immer, wenn Neuerungen für den Facebook Algorithmus angekündigt wurden – zunächst folgt ein großer Aufschrei, dann sehen wir weiter.

Bei Zensations sind wir nicht gerade berühmt dafür, in Panik zu verfallen. Also haben wir uns auch diesmal in aller Ruhe hingesetzt und überlegt, was die bevorstehenden Änderungen auf der Social Media Plattform Nummer 1 zu bedeuten haben und wie man sie sogar für sich nutzen kann.

Was ist denn eigentlich kaputt?

Der soziale Faktor des Social Networks ging irgendwo zwischen dem Boom von Unternehmensseiten und der letzten großen Algorithmusänderung (neueste vs. “relevanteste” Nachrichten) verloren. Unser Newsfeed füllte sich nach und nach einerseits mit Neuigkeiten, die uns von Facebook als relevant vorgesetzt wurden, weil wir beispielsweise in den letzten Tagen einen ähnlichen Beitrag angeklickt haben oder weil andere Facebook User mit ähnlichen Profilen sich in irgendeiner Weise an dem jeweiligen Content interessiert gezeigt haben. Andererseits bekamen wir immer mehr Werbung ausgespielt. Das alles hatte zur Folge, dass wir Updates von unseren Freunden oder Familienmitgliedern oft gar nicht mitbekommen haben, weil deren Content “nicht relevant genug” war.

Von der Information zur Interaktion

Gerade die Vernetzung mit Freunden, Schul- und Studienkollegen, Verwandten usw. war es doch, die Facebook seinerzeit groß gemacht hat. Und in diese längst vergangene Zeit soll die Reise des Netzwerks wieder zurück führen. Der Fokus geht weg von “relevanten Informationen” und hin zu “sinnvollen Interaktionen”. Es soll ein angeregter Austausch auf der Plattform stattfinden, User sollen mehr zum Kommentieren verleitet werden, anstatt nur passiv Artikel zu lesen und Videos anzusehen. Engagement-Baits wie z.B. Umfragen, die mit den Reaktions-Emoticons beantwortet werden, oder “Tag-a-friend”-Postings sollen zukünftig noch mehr mit Reichweiteneinbußen abgestraft werden. Keine Einschränkungen dürfte es für Live-Videos geben. Startet beispielsweise eine Unternehmensseite ein Live-Video, werden alle Fans der Seite, die deren Updates abonniert haben, darüber informiert, was rasch zu einem großen Anstieg der Interaktionen (Live-Video-Aufrufe, Live-Comments, Reaktionen etc.) führt.

Wie kann ich als Seitenbetreiber weiterhin die richtigen Menschen erreichen?

Diese Frage stellt sich vor allem für Werber, die kleinere Unternehmen betreuen. Für große Unternehmen und Konzerne, die über ein hohes Marketingbudget verfügen, wird sich lediglich die Verteilung der Kosten ändern. Im neuen Facebook Newsfeed wird es wohl nur eine begrenzte Anzahl von Werbeplätzen geben, was zu einem Anstieg der Preise führen wird. Das Rennen um diese Platzierungen gewinnen also diejenigen, die sich naturgemäß die größeren Spendierhosen anziehen können. Doch auch für kleine Unternehmen und weniger bekannte Seiten gibt es einige Asse aus dem Ärmel zu holen.

QUALITY FIRST

Reichweite wird eine geringere Rolle spielen als bisher. Was zählt, um es als Unternehmen in den Newsfeed zu schaffen, ist die Interaktionsfreudigkeit der Fans. Die Seite braucht echte Fans, die sich mit dem Unternehmen oder der Marke identifizieren können und daher gerne interagieren. Es wird nicht mehr genügen, Page Like Ads zu schalten, ich muss als Seitenbetreiber die neuen Fans auch an mich binden. Und zwar so, dass sie nicht nur “am Papier” meine Fans bleiben – also nicht wieder abspringen – sondern so, dass sie sich aktiv mit meinen Inhalten befassen wollen. Qualität vor Quantität gilt nicht nur für neu gewonnene Fans, sondern auch für die eigenen Seiteninhalte. Für nachhaltige Sichtbarkeit im neuen Newsfeed sollte die Devise lauten: weniger mit mehr, also weniger Postings veröffentlichen, die dafür einen echten Mehrwert für die Fans bieten. Auch polarisierende Inhalte dürften es durch die Newsfeed-Zensur schaffen, denn diese werden gerne und ausführlich kommentiert.

COMMUNITY FIRST

Wie bereits oben beschrieben, wird es immer wichtiger, die User emotional an die Marke zu binden. Dazu gehört unter anderem ein aktives Community Management. Fragen und Reaktionen von Usern sollten zeitnah beantwortet werden. Der Fan muss sich wertgeschätzt und wichtig genommen fühlen. So kehrt er gern zur Seite zurück und besucht in weiterer Folge gern die Website, den Shop, Events des Unternehmens usw. Beiträge in Gruppen werden voraussichtlich ebenfalls nicht beschränkt. Wie wäre es also mit einer verknüpften Gruppe zu ihrer Unternehmensseite? Dort können Sie noch besser auf Userfragen eingehen, Services vorstellen, in Live-Videos interessierte Fans erreichen, mit ihnen besser in Kontakt treten usw. Auch die Einrichtung eines Nachrichtenbots, der Fans über neue Inhalte informiert, kann hilfreich sein. Bots eignen sich z.B. auch, um neue Fans auf der Seite zu begrüßen (“Willkommensmail” via Facebook). Achten Sie bei der Einrichtung aber darauf, Ihre Texte besonders menschlich klingen zu lassen.

INFLUENCE!

Eine neue Ära des Influencermarketings könnte anbrechen. Da auf Facebook nun die Followerzahl immer weniger aussagekräftig wird, gewinnen Influencer und Blogs mit einer hohen Interaktionsrate an Bedeutung. Das führt zu einem Aufstieg der Micro-Influencer (weniger als 5.000 Fans) und Nano-Influencer (weniger als 1.000 Fans).

Das Versandhaus Otto hat es bereits letztes Jahr vorgemacht: Mitarbeiter können sich in einigen Workshops zum Unternehmens-Influencer ausbilden lassen. Unternehmen, die auf Facebook erfolgreich sein wollen, sollten also nicht nur an ihrer Kunden- sondern auch an ihrer Mitarbeiterbindung arbeiten. Aber Vorsicht: Im deutschsprachigen Raum gibt es gesetzliche Rahmenbedingungen, die eingehalten werden müssen, wenn Mitarbeiter für ein Unternehmen als Markenbotschafter aktiv werden.

BEACHTE DIE SPIELREGELN!

Facebook hat eigene News Feed Publisher Guidelines veröffentlicht, die genau beschreiben, welche Inhalte Facebook unterstützt und daher einer größeren Zielgruppe ausspielt. Auch hier finden Seitenbetreiber ähnliche Inputs: die Qualität des Contents ist entscheidend und Clickbaiting ist böse. Links auf mobil optimierte und responsive Websites sind gerne gesehen.

BONUS-TIPPS

See first

In den Newsfeed Einstellungen (Preferences) in seinem eigenen Profil kann jeder Facebook User selbst entscheiden, wessen Inhalte er priorisiert ausgespielt haben möchte. Hier kann man bis zu 30 Personen oder Seiten definieren, deren Inhalte immer im Newsfeed erscheinen sollen. Das wissen die wenigsten User, man könnte es ihnen also als Seitenbetreiber in einem Posting ans Herz legen.

Go Live

Live-Videos sind sehr interaktionsstark und werden daher auch in Zukunft einen bedeutenden Anteil am Erfolg des Facebook-Auftritts haben.

Neue Ziele setzen

Ihr Ziel sollte nicht mehr sein, möglichst viele Menschen zu erreichen, sondern die richtigen. Diejenigen, die wirklich an meinem Unternehmen, an meiner Marke, an meinem Content interessiert sind. Schlussendlich sind das die User, die auch bereit sind, meinen Service anzunehmen oder mein Produkt zu kaufen. Mit Hilfe von Shares und Erwähnungen durch andere Nutzer und Multiplikatoren bleibt man im Gedächtnis und im Newsfeed. Beiträge müssen für Gesprächsstoff sorgen und zum Nachdenken und Kommentieren anregen.

Neue Wege ergründen

Es muss nicht immer Facebook sein. Die Zeiten der organischen Reichweite sind ohnehin schon lange vorbei. Analysieren Sie Ihre Zielgruppe genauer: Wo hält sie sich sonst noch auf? Sind es andere Social Media Plattformen? Lesen Ihre Kunden gerne Fachzeitschriften? Oder besuchen sie gerne bestimmte Events? Um langfristig Erfolg im Online Marketing zu haben, darf man sich nicht nur von einer einzigen Plattform abhängig machen (lassen). Beackern Sie mehrere Felder und soziale Netzwerke. Die wichtigste Ihrer online Plattformen sollte aber Ihre Unternehmensseite bleiben, denn die haben Sie selbst in der Hand.