Wenn man uns fragt, womit wir die meiste Zeit verbringen, dann kann man gut und gerne behaupten, dass Beratungsleistungen und Projektkonzeption an den obersten Plätzen stehen. Es ist quasi unser Kerngeschäft, denn wer mit uns arbeitet, weiß, dass wir keine unreflektierten Umsetzer sind, sondern unsere Verantwortung in der Beratung ernst nehmen und auch nicht mit Feedback und konstruktiver Kritik hinter dem Berg halten. Das kommt manchmal wahnsinnig gut an, manchmal fühlen sich Unternehmen dadurch im ersten Moment aber auch ein wenig auf den Schlips getreten.

Reflektiert schon während der Auftragsvergabe

Viele Aufträge werden ja nicht mal eben nebenher, sondern über langwierige Auswahlverfahren vergeben. Nicht selten erfordert dies auch detaillierte Vorarbeit auf Kundenseite oder anderer Projektpartnern. Mit mehr oder weniger klaren Business-Zielen, Anforderungen, Wünschen und Deadlines. Je genauer das Briefing, desto einfacher wird es schließlich auch für Externe, sich in das Unternehmen, die Zielgruppen und das Projekt im Allgemeinen hinein zu versetzen bzw. die Anforderungen im Detail überhaupt erst zu verstehen. Ein ausgiebiges Verständnis gegenüber der Problemstellung bildet ja überhaupt erst den Grundpfeiler für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

Was aber, wenn man schon im Briefing Schwachstellen erkennt, ein bereits gescheitertes Projekt neu übernehmen soll, die Deadline für absolut unrealistisch hält oder aus Erfahrung weiß, dass die Projektziele im vorgegebenen Budgetrahmen nicht erreicht werden können? Spätestens dann stellt man sich die Frage: Muss man den Wünschen der Auftraggeber in jedem Fall nachgekommen oder begibt man sich in die Rolle des Advocatus diaboli, zerpflückt das Vorgegebene in seine Einzelteile, um es im Anschluss bestmöglich neu zusammenzufügen? Auf Kundenseite benötigt letzterer Weg viel kritisches Hinterfragen und eine große Portion Selbstreflexion, um diesen Weg dann mitzugehen. Man muss kein Psychologe sein, um zu wissen, dass es die meisten Menschen bedingt bis gar nicht mögen, wenn die eigenen Ideen zu sehr in Frage gestellt werden.

Probleme lösen sich nie in Luft auf

Auch wir haben die Erfahrung gemacht, dass so manches Mal genaues Hinterfragen die wahren Probleme überhaupt erstzu Tage fördert. Was vermeintlich simple wirkt, entpuppt sich dann als wahrer Dealbreaker. Das ist im ersten Moment natürlich ungemütlich. Für Auftraggeber, das Budget, die Deadline und auch für die Berater, die darauf hinwiesen. Es wird aber auch nicht besser, wenn man stets an der Oberfläche kratzt und Probleme vor sich herschiebt. Verschwinden werden sie nämlich in den seltensten Fällen. Realistischer ist es, dass sie zu einem späteren – und noch unpassenderen Zeitpunkt – wesentlich stärker als angenommen auftreten. Natürlich, auch gut gemeinte und konstruktive Kritik überrascht, rüttelt vielleicht ein wenig am professionellen Ego und darf nicht dazu missbraucht werden, nicht erforderliche Leistungen und Lösungen zu verkaufen, nur weil man sich davon ein größeres Geschäft verspricht.

Unternehmen holen sich erfahrene Dienstleiter ja auch als Unterstützung, weil intern entweder das Know-How oder einfach die Ressourcen fehlen. Oft auch beides, da sich das Kerngeschäft auf andere Bereiche fokussiert und bei der Umsetzung komplexer Web-Anwendungen oder digitalen Kampagnen lieber auf Experten vertraut wird, die bei der Erreichung der Projektziele behilflich sind. Als Experte wiederum steht man in der Verantwortung das eigene Know-How einzubringen. Dafür wird man am Ende schließlich auch bezahlt. Erforderlich sind dafür mit Sicherheit eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Kunden im Vorfeld und laufender Dialog während der Betreuung.

Es scheint nur auf den ersten Blick einfacher genau das zu versprechen, was verlangt wird, um Bestätigung zu vermitteln und ein paar Sympathiepunkte einzuheimsen. Wenn man aber in einer Pitch-Situation ist und nur einer von mehreren Anbietern die Aufgabe kritisch hinterfragt, kann der Schuss rasch nach hinten losgehen und zwar in Richtung: Die kennen sich wohl nicht aus. Auch wenn der Umkehrschluss bedeuten könnte, dass andere zu wenig darüber nachgedacht haben. “Alles kein Problem, wird erledigt” kommt schließlich schneller über die Lippen und signalisiert fälschlicherweie eine gewisse Problemlosigkeit.

Doch irgendwann nimmt sich vielleicht jemand kein Blatt vor dem Mund und klärt auf. Im besten Fall wird der Auftraggeber dann nochmals nachfragen, warum nicht darauf hingewiesen wurde, dass eigentlich entweder nur Ressourcen verschwendet wurden, es effizientere Lösungsansätze gegeben hätte oder die Strategie gar nicht den Zielsetzungen entspricht. Und warum man das als Experte nicht schon im Vorfeld erkannt hat. Touché und lose-lose für beide Seiten also.

Partner oder einfach nur ein Umsetzer?

Das Problem liegt oft auch eher auf Seiten der Auftragnehmer auch mal Nein zu sagen. Nicht nur zu einem Projekt an sich, sondern zu Ideen, bei denen im Vornhinein schon absehbar ist, dass diese dem Projekterfolg nicht zuträglich sind, sogar schaden können oder es einfachere Mittel gibt, um an das gewünschte Ziel zu gelangen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Kunden, die ausgiebig beraten werden gut aufgehoben fühlen und auch bei künftigen Projekten wieder zusammenarbeiten möchten oder weiterempfehlen ist schließlich hoch.

Soweit, so logisch. Dennoch heißt es oft: “Aber wenn es der Kunde doch so will.” Ja, natürlich, wenn der Kunde es will, dann wird es letztendlich so gemacht. Das bedeutet allerdings nicht, dass man auf dem Weg dorthin der Kopf in den Sand stecken und zu allem Ja sagen muss, um womöglich hinter vorgehaltener Hand zu argumentieren, dass man es eigentlich ohnehin besser gewusst hat. Man sollte sich natürlich auch nicht jedes Mal querstellen, am Ende geht es aber nicht um persönliche Befindlichkeiten, sondern den Projekterfolg.

In einer positiven Geschäftsbeziehung muss Raum dafür sein, die eigene Meinung argumentieren und vertreten zu können. Das macht ein partnerschaftliches Verhältnis, das über das reine Auftraggeber-Dienstleister-Verhältnis hinausgeht, aus. Darauf sollten nicht nur Auftraggeber, sondern auch Dienstleister Wert legen. Wenn ein Projekt über mehrere Monate oder sogar Jahre läuft sind beide Seiten gut beraten, sich als gleichwertige Partner zu verstehen.